Woche 15


Fakten

  • Katzen haben einen 7ten Sinn
  • An Cranberrysaft gewöhnt man sich
  • Untermieter können ein Fluch sein
  • Die zweite Schwangerschaft ist nicht gleich wie die erste Schwangerschaft
  • Der Körper erinnert einen gerne immer wieder daran, schwanger zu sein
  • Übelkeit ist übel
  • Büro über ner Pommesbude zu haben, riecht morgens übel
  • Ich bin jetzt von Anfang an ein Hampel
  • Wie war das nochmal, darf ich das Essen?
  • Das zweite Baby wird kein Vegetarier
  • Das zweite Baby geht von Anfang an aufs Klo
  • Das zweite Baby läuft dann so nebenher
  • Hilfe, da kommt bald ein zweites Baby!


Baby


Ich bin schwanger. In der 15ten Woche und alles ist gut. Also zumindest jetzt gerade in diesem Moment. Die Nebenwirkungen der zweiten Schwangerschaft fangen tatsächlich fast sofort an. Mein Körper kommt mir ein bisschen wie ein kleiner Streber vor, der ganz vorne in der ersten Reihe hockt, die Hand streckt und in die Klasse schreit, bevor er aufgerufen wird, „Ich weiß wie’s geht, ich weiß, wie’s geht!“. Dann steht er auf und bereitet sich auf alles sofort vor, obwohl er dazu eigentlich 40 Wochen Zeit hätte. Die Hüfte klappt auseinander, ohne Rücksicht auf den Ischias-Nerv, die Brüste schwellen an und schmerzen bei jeder noch so sanften Berührung, die Umstellung dreht einem wochenlang den Magen um und die Verdauung kommt mit der Hormonausschüttung überhaupt nicht klar. Blasenentzündung, Pilzbefall – alles gleich in den ersten Wochen mitgenommen! Jetzt hat sich fast alles wieder ein bisschen beruhigt.

 

Als erstes wusste die Katze, dass ich schwanger bin. Mir ist es erst nicht aufgefallen. Aber die Belagerung von Minka kam mir schon seltsam vor. Dann fingen die Brüste an und eigentlich war da alles klar. Das hat mich erstmal gar nicht glücklich gemacht, weil, obwohl wir ja ein zweites Kind geplant hatten, sollte das erst später kommen und nicht, solange ich noch in der Probezeit bei meinem neuen Arbeitgeber war. Ich dachte nämlich, in der Probezeit kann man immer gekündigt werden. Ist nicht so. Sobald man schwanger ist, greift der Mutterschutz - auch in der Probezeit. Das hat mich dann wieder sehr beruhigt. Einen Pluspunkt für die politische Regelung an dieser Stelle.

 

Das Erste, was ich tat, nachdem ich wusste, dass es wieder soweit ist, war, meiner Hebamme Bescheid sagen, um mich anzumelden. Danach schrieb ich dem Geburtshaus Charlottenburg. Die nehmen einen auf jeden Fall, wenn man bereits dort entbunden hat.

 

Ansonsten ist die zweite Schwangerschaft deutlich weniger aufregend als die erste. Ich vergesse zwischendurch ständig, dass ich schwanger bin. Also nicht auf die Art, dass ich mich zusaufe und dann betrunken feststelle, Mist, da war was. Aber zum Beispiel nehme ich die Folsäuretabletten eher so dreimal die Woche als täglich, schaue erst hinterher auf mein beim Bäcker gekauftes Käsesandwich um festzustellen, das Mayonnaise und Frischkäse als Aufstrich benutzt wurde und solche Dinge.

 

Marlo habe ich auch schon versucht zu erklären, dass in meinem Bauch ein Baby ist und er beim Toben jetzt nicht mehr auf meinen Bauch drauf springen kann. Mit mäßigem Erfolg. Er ignoriert aber auch meine Bitte, jetzt langsam mal aufs Klo zu gehen, weil ich keine Lust habe im März dann zwei Popos aus stinkigen Windeln zu schälen. Interessiert ihn leider auch nicht. Erzählt er mir nur immer ganz stolz, dass alle Kinder in seinem Alter bei der Tagesmutter schon aufs Klo gehen. „Nur Marlo nicht“ sagt er dann grinsend. Genauso Freudestrahlend erzählt er übrigens immer noch, dass er im Sommer Maxi umgeschubst hat, den kleinen Sohn meines Cousins Dani. Kann man ihm hundertmal sagen, iss nicht witzig. Ändert seine Meinung nicht. Das wird also spannend, mit Mina (Arbeitstitel) und Marlo. Mina deswegen, weil ich dieses Mal denke, dass es ein Mädchen wird und meine Mutter findet, das sollte dann so heißen wie meine Urgroßmutter. Beim Arzt konnte man das Geschlecht noch nicht sehen und wir haben uns gegen den PRAENA-Test entschieden, mit dem man schon ab der 12ten Woche das Geschlecht feststellen kann.

 

An dieser Stelle möchte ich noch sagen, dass die Reaktion von meinem neuen Chef besonders rührend für mich war. Ich fände es wahrscheinlich ziemlich uncool, eine Frau, die ich gerade erst eingestellt habe, gleich wieder in Mutterschutz gehen zu sehen. Er hat auch gesagt, dass er das schade findet, weil ich mich gerade so gut in das Team eingefügt habe, aber er hat sich auch total für mich gefreut und mich ganz viel gefragt und mir versichert, dass ich jederzeit nach Hause gehen kann, wenn es mir nicht gut geht und ich auch meine Arbeitszeiten anpassen kann. So etwas hat mir meine vorherige Firma nie angeboten, obwohl ich da eine 40-Stunden-Woche hatte und nicht nur eine 24-stündige.

 

Politik


Das ist dann wahrscheinlich auch der richtige Punkt, um die politische Meinung der Woche einzufügen: Arbeitende Mütter. Ich finde es wirklich toll, dass wir solange Mutterschutz und Elternzeit nehmen können. Aber das einem dafür dann Rentenleistungen gekürzt werden, ist ungerecht. Was macht das für einen Sinn? Deutschland will dauernd eine Migrationsobergrenze, vergisst dabei aber, dass Kinder bekommen für die Deutschen noch immer nicht ausreichend attraktiv ist, um unsere alternde Gesellschaft wieder aufzufangen. Und dann wird mir die Erziehungszeit vom Rentengeld gestrichen! Ernsthaft? Finde ich uncool. Den finanziellen Druck, nach den Elterngeldzahlungen (die hören ja nach einem oder zwei Jahren auf) finde ich, für uns, die wir nur durchschnittlich verdienen, auch hart. Ich brauche überhaupt nicht zu überlegen, ob ich mit dem zweiten Kind länger als ein Jahr in Elternzeit gehe. Ich muss mir auch keine Gedanken darüber machen, ob wir in eine größere Wohnung umziehen oder im nächsten Jahr in Urlaub gehen. Wir können uns das schlicht nicht leisten. Ich muss nach einem Jahr wieder arbeiten gehen, sonst können wir die Miete der momentanen Wohnung, die Verhältnismäßig günstig ist, nicht bezahlen.

 

Mietpreise sind im Moment mein größter Feind. Über Eigentum denke ich nicht einmal im Traum nach. Leider wurde das nie, in keiner politischen Debatte vor der Bundestagswahl, erwähnt. Es ging immer nur um Flüchtlinge, die wir aus meiner Sicht brauchen, auch wenn ich zustimme, dass wir eine bessere Integrationskultur etablieren müssen, und um die AFD, die wir, meiner Meinung nach, nicht brauchen. Wochenlang gab es nichts anderes, während wir hier die Immobilienwelt nach Wohnraum durchforsteten. Makler lachen die Mietpreisbremse schallend aus. Familientaugliche 4-Zimmer-Wohnungen werden von kinderlosen Paaren gekauft, damit sie sich dort Arbeitszimmer einrichten können und vielleicht eine kleine Bibliothek. Auch schön. Die müssen sich kein größeres Auto kaufen, keine Schulausflüge und Hockeyklamotten, kein Betreuungsgeld zahlen, Schulkantine, Monatsticket, jedes Jahr neue Regenjacken, Winterjacken, Sommerjacken, Schneehosen, dauernd neue Schuhe, Fahrräder und und und. Selbst wenn man wollte, mit Kindern kann man nicht mehr so sparen wie früher. Als Patchwork-Familie ist man ja gleich doppelt bestraft, weil die Unterhaltszahlungen werden in unserem Bereich weder steuerlich ausgeglichen noch großartig anderweitig. Man muss sich das also gut überlegen, mit den Kindern. Die Entscheidung, ob Kinder oder Luxus trifft da auf jeden Fall zu. So arm wie jetzt, war ich finanziell noch nie.

 

Zum Glück gibt es dazu einen Ausgleich: So reich an wunderschönen Momenten mit Marlo, meinen Räuberkindern und der kleinen Mina im Bauch war ich dafür auch noch nie! In diesem Sinne, genießt eure Familien, seid froh, euch zu haben und egal, wie anstrengend es ist, seid euch gewiss, das nächste Kinderlächeln wird euch wieder das Herz leicht machen!

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Cousine Caro (Freitag, 06 Oktober 2017 22:02)

    Ohhh... wie freue ich mich.�

    Du musst unbedingt weiter, weiter und weiter schreiben.
    Deine Gedanken und Überlegungen sind so toll.

    BRAVO, BRAVO, BRAVO ������

    Der politische Teil gefällt mir sehr gut. Du schreibst das auf, über das ich mir viele Gedanken mache. Gefällt mir sehr gut, mach weiter so.

    Kuss... Caro