Woche 16


Fakten

  • Die Frau in meinem Schwangerschaftsbuch ist zu dünn
  • Mein Bauch sieht laut Schwangerschaftsbuch aus, wie Woche 25
  • Schwimmen war früher weniger anstrengend
  • Ich hab halt echt gar keine Kondition mehr
  • Hat Orangensaft je so lecker geschmeckt?
  • Ich teste jetzt verschiedene Bachblüten
  • Ich glaube, ich hab das Vögelchen zum ersten Mal gespürt
  • Vermutlich kann man bei der nächsten Untersuchung das Geschlecht erkennen
  • Die nächste Untersuchung ist leider erst nächste Woche
  • Marlo ist jetzt schon ein großer Junge


Baby


Woche 16 also, das Ende des vierten Monats. Es hat sich nicht viel verändert seit letzter Woche. Nur das Volumen an verschiedenen Getränken, die ich zu mir nehme, hat sich erhöht. Zum Cranberrysaft, um keine erneute Blasenentzündung zu bekommen, gesellen sich nun Bachblütenwasser und Flohsamengemische. Mein schlaues Buch sagt, die Plazenta wächst jetzt und vergrößert sich in den nächsten Wochen rapide. Und, ich glaube, ich habe das kleine, 10 cm große Ding in meinem Bauch zum ersten Mal gespürt. Ein leichtes Flattern, wie sich das für ein Vögelchen gehört. Beschwören kann ich es nicht, die Bewegung war noch zu zart und es könnte auch was ganz anderes gewesen sein. Aber es ist nicht sehr unwahrscheinlich. Die Frauenärztin sagt, bei der zweiten Schwangerschaft merkt man das oft früher. Ich finde jedenfalls, dass es langsam Zeit wird, was zu fühlen, um mich noch mehr in den Schwangerschaftsmodus zu versetzen. Ich bewege mich zwar jetzt schon tagesweise wie ein Zombie, wegen verschiedenster Zipperlein und bin diese Woche den ersten Tag von der Arbeit zuhause geblieben, weil es eine Anhäufung von Beschwerden gab (Ischias, Kopfschmerz, Übelkeit und Magenkrämpfe wg. Verstopfung) aber richtig schwanger fühlt es sich nicht an. Ich glaube, weil meine Umgebung mich so auch noch nicht wahrnimmt und behandelt. Aus meinem direkten Umfeld wissen es noch gar nicht alle und auf meiner neuen Arbeit sind die Kollegen auch ganz anders, bzw. mit denen bin ich wenig vertraut. Bei meinen alten Kollegen durfte ich ja sofort, nachdem sie es wussten, nicht einmal mehr in die Küche gehen, um Kaffee zu holen. Mir wurde immer alles mitgebracht, oft auch ungefragt. Kaffee, Kuchen, usw. Der Vorteil dieses Mal könnte sein, dass ich nicht so viel zunehme.

 

Marlo hat seine erste Karussellfahrt hinter sich, die wir sicherheitshalber mit der kleinen großen Schwester zusammen arrangiert haben. Lila hat zwar kaum mehr auf das Karussell drauf gepasst, aber es hat sich gelohnt. Alle hatten Riesenspaß und es war eine Freude, dabei zuzusehen. Man kann ihm weiter beim Wachsen zusehen und in vielen Sachen kommt er mir schon so groß vor. Aufs Klo gehen gehört leider immer noch nicht mit dazu. Dafür hat er seit dieser Woche ein großes Bett ohne Gitter. Das findet er ziemlich gut und als es aufgebaut war, hat er erstmal alle Bücher dort reingelegt, sich dann dazugesetzt und gelesen. Das war sehr niedlich und ich hatte deswegen einen innerlichen Niedlichkeitsanfall, bei dem ich mich immer sehr zurück halten muss, ihn nicht zu packen, zu kneifen und vor Freude zu zerdrücken, weil ich ihn gerne ganz fest umarmen möchte. Nachts wollte ich ihn dann am liebsten stundenlang beim Schlafen anschauen, aber die Dielen neben dem Bett knarzen so, dass ich Gefahr lief, ihn zu wecken. Und das will man ja nun gar nicht, ein schlafendes Kind wecken. Das alleine schon aufzuschreiben fühlt sich wie eine Sünde an. Das tolle ist, in dem Bett schläft er jetzt ganz selbstverständlich und man muss gar nicht mehr fragen, ob er im Kinderzimmer schlafen will oder im Schlafzimmer, also bei uns. Wenn die Räubertöchter da sind muss er bei uns schlafen, weil die natürlich nicht um acht ins Bett gehen. Aber wenn alles gut läuft, bauen wir demnächst das Turmzimmer um und dann können die Mädchen dort ihr Quartier beziehen. Das Turmzimmer ist ein Mansardenzimmer, das am Heidehof zu jeder Wohnung angelegt wurde. Für die Bediensteten früher. Hat man heute nicht mehr. Also vielleicht andere. Wir nicht. Da die Mädchen aber immer mehr im Haushalt mithelfen müssen, passt es eigentlich von der ursprünglichen Idee her doch wieder. Das große Problem dort oben ist nur, keiner ist da, um einzugreifen, wenn sie mal wieder anfangen, sich die Köpfe einzuschlagen, es gibt keine Toilette und am allerschlimmsten: Keine Wlan!! Katastrophe. Aber irgendwie bekommen wir das auch noch geregelt. 

Politik


Politisch häng ich mich ja gerne immer noch am gleichen Thema auf: Bezahlbarer Wohnraum. Eben kam in den Radionachrichten, dass immer mehr Kommunen und Bezirke mit ihrem Geld nicht klar kommen und es deswegen bald mehr kosten soll ins Schwimmbad zu gehen oder in andere, ähnliche Einrichtungen. Die nächste Nachricht war dann, dass die Zahl der Menschen, die mehr als einen Job ausüben stark ansteigt. Mal davon abgesehen, dass ich gar nicht weiß, wie andere Familien das machen, drei bis vier Jobs in der Woche, finde ich es wirklich traurig, dass wir so eine Entwicklung haben. Beim Einkaufen und auf der Straße sehe ich so viele alte Leute, dass ich immer denke, bei der steigenden Zahl an aus der Gesellschaft ausscheidender Menschen (das klingt irgendwie fies, ist so aber gar nicht gemeint) müsste es doch massenhaft Wohnraum und Arbeit geben und zwar so, dass die Menschen damit und davon leben können. Oder haben all diese dualen Arbeitnehmer mehrere Jobs, weil es so viele offene Stellen gibt, die abgedeckt werden müssen? Aus Pflichtgefühl quasi und nicht aus finanzieller Not? Ganz ehrlich, ich glaube es nicht!

Da wir uns damit abgefunden haben, keine Wohnung zu finden, die wir während der Elternzeit finanzieren können, und die unseren Ansprüchen genügt (ja, sowas gibt es auch noch, das kleine Volk hat Ansprüche), verfrachten wir die Mädchen ins Turmzimmer. Die Devise lautet, erstmal das zu nutzen, was man schon hat. Ebay-Kleinanzeigen ist mal wieder mein bester Freund und so kaufe und verkaufe ich fröhlich Dinge. Marlos Bett war sogar geschenkt, da die Familie, von der wir es haben, froh war, es loszuwerden ohne es einfach wegzuschmeißen. Und das Bett ist noch 1A. Ich glaube wenn Marlo damit durch ist, sieht es anders aus. Keine Ahnung, welches ordentliche Kind es davor besaß.

Ist das vielleicht das Problem? Das wir uns abfinden? Wir fallen der Politik so doch gar nicht auf. Ich führe tolle Gespräche mit Familienvätern an der Erdgastankstelle, mit Müttern, die mir ihre geschenkten Kinderklamotten weiterschenken, mit Großmüttern, die sich um die Zukunft ihrer Enkel sorgen machen, mit Lehrern, Ärzten und Hebammen. Die Menschen sind immer so höflich. Aber eigentlich brennt ihnen ganz viel auf der Seele und sie wollen eine Veränderung. Nicht mehr eine Politik für Immobilienhaie, Lobbyisten, Konzerne und Banken. Und sie wollen schimpfen und das alles loswerden, aber sie tun es nicht. Warum?

Wenn ich von mir selber ausgehe, muss ich mich immer Fragen, wie ich das anfangen soll. Ich kann mich ja nicht einfach auf den Marktplatz stellen, und losschimpfen. Das sollte ja schon jemand hören und ich möchte das mit Menschen zusammen tun, die das gleiche Problem haben. Aber es ist ja schon schwer genug, sich mit anderen Eltern und deren Kindern zu verabreden um zusammen auf den Spielplatz zu gehen. Und dann auch noch zu einer Marktplatzdemo am Wochenende? Da muss eingekauft, geschrubbt, die Sportklamotten des Fußballvereins gewaschen, der Zweitjob erledigt und das Auto geputzt werden. Keine Zeit für die richtigen Probleme also. Aber ich sag es euch, lange dauert es nicht mehr, und ich finde heraus, wie ich es anstellen muss.

 

Bis dahin wünsche ich Euch viel Spaß mit Euren Familien. Habt Euch lieb und wenn ihr Euch mal zankt, vertragt Euch halt wieder. 


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Kommentare: 2
  • #1

    Peter B. (Sonntag, 22 Oktober 2017 22:36)

    Du schreibst über das Versagen der sog. Mietpreisbremse. Ich habe mich kürzlich mal umgetan, warum so viele alte, inzwischen alleinstehende Menschen weiterhin in ihren riesigen Wohnungen wohnen bleiben. Die Antwort: die kleineren Wohnungen, in die sie ziehen könnten, sind naturgemäß kurz zuvor freigeworden und danach ist die Miete in der Regel so weit erhöht ("angepasst") worden, dass die potentielle Ersparnis so gering ausfallen würde, dass sie von den Umzugskosten sofort wieder aufgefressen würde. Also bleiben selbst die gutwilligsten Leutchen in ihren riesigen Altbauwohnungen wohnen und wohnen...

  • #2

    Peter B. (Montag, 23 Oktober 2017 12:24)

    "Das Flattern eines kleinen Vögelchens…""
    Sehr schönes Bild.