Woche 36-37


Fakten

  • Ich denke, das Kind kommt früher
  • Der Kopfumfang ist nicht mehr messbar, liegt zu tief
  • Die Menschen wollen nichts mehr teilen
  • Sieht sich Marlo als Erstgeborener oder Drittgeborener?
  • Einzelkinder haben oft Mitleid mit ihren Kindern, wenn sie was mit den Geschwistern teilen müssen
  • Nachts sind alle Katzen grau
  • Ich kanns kaum mehr abwarten
  • Alle sind jetzt gebrieft
  • Bindehautentzündung ist blöd
  • Kurz vor der Geburt krank werden wäre uncool
  • Meine Hüfte hat keine Lust mehr
  • Wegen mir kann es losgehen
  • Bild von Babybauch: Check!


Baby

In Woche 36 bereitete mich meine Frauenärztin darauf vor, dass dieses Kind eventuell früher kommt. Das ist in die Glaskugel gesprochen und „unprofessionelles“ Prognostizieren, sagt sie, aber nach der Untersuchung fühlt sich der Zustand wie Woche 39 an. Und seit wann sage ich, dass ich sicher bin, dass das Kind früher kommt? Auf der einen Seite würde ich es sehr begrüßen, wenn Mina früher käme. Bei Marlo waren es 10 Tage. Hat aber gar nichts zu sagen, wie das dann vom Timing her bei Kind 2 läuft. Mina ist auf jeden Fall bereit. Ihr Kopf liegt jetzt schon so tief, dass wir ihren Kopfumfang nicht mehr messen konnten und die 2100gr sind deswegen auch nur ein vages Schätzgewicht, würde allerdings perfekt in die Tabelle mit den ganzen Zahlen und Fakten zu Kindern in dem Stadium passen. Meinen Fressattacken nach und dem Gewicht, das ich auf meiner Hüfte und dem Beckenboden spüre, dürfte dort in den letzten Tagen allerdings wieder einiges dazu gekommen sein. So umtriebig wie noch vor einem Monat bewegt sie sich jedenfalls nicht mehr. Man merkt, dass ihr der Platz fehlt. Ich hatte jetzt nochmal ein paarmal fieses Sodbrennen und fühle mich an manchen Tagen sehr erschöpft. Leider hat sich Marlo auch noch eine Bindehautentzündung eingefangen und kann nicht zur Tagesmutter gehen. Erst das rechte Auge, jetzt das Linke. Na toll. Das heißt, es wäre für Mina besser, wenn sie sich noch ein paar Tage Zeit lässt. Ab Mittwoch dürfte Marlo nicht mehr ansteckend sein. Am Donnerstag hat Anouk Geburtstag. Freitag wäre also gut. 16.03.2018. Ist doch ein ganz schönes Datum.

Wir haben jetzt auch Lila, Anouk und Josh gebrieft, was zu tun ist, wenn es losgeht. Wenn es zum Wochenende hin losgeht, wäre das eigentlich ganz optimal. Dann können Anouk und Josh gemeinsam auf Marlo aufpassen, bis wir wieder zu Hause sind. Moritz wäre auch gleich da und müsste nicht erst von der Arbeit kommen. Solange die Mädchen da sind, wäre auch unter der Woche ganz gut. Anouk könnte von der Schule zuhause bleiben und mit Marlo aufstehen und ihn zu Julia bringen oder zuhause auf ihn aufpassen.

Der Endspurt setzt mir irgendwie schon zu. Auch emotional. Bei Marlos Schwangerschaft war ich die meiste Zeit im Garten und alleine. Ich musste niemanden abholen, nicht für fünf Leute einkaufen, keinen irgendwo hinbringen. Außerdem hatte ich durch den verkürzten Muttermund ohnehin ein Tätigkeitsverbot. Das ginge jetzt irgendwie gar nicht mehr. Im Moment sind Anouk und Lila durchgängig für zweieinhalb Wochen da und auch das ist etwas, das sowohl Vorteile wie auch Nachteile mit sich bringt. Hier ist jetzt oft bis zehn Uhr Action angesagt und durch die Wohnung wusseln permanent Menschen die Bedürfnisse haben. Beim letzten Mal war das nur ich. Moritz hatte seine Bedürfnisse komplett zurück gestellt und hat sich quasi ausschließlich nur um mich kümmern können. Dieses Mal gibt es neben seiner Arbeit auch noch Marlo und die Mädchen. Klar kümmert er sich auch um mich, aber irgendwo erreicht jeder seine Kapazitätsgrenzen. Aber auch dieser Zustand verändert sich in Kürze wieder.

Im letzten Geburtsvorbereitungskurs haben wir nochmal über Geschwisterkinder gesprochen und eine Gesprächsrunde zu unseren eigenen Geschwisterverhältnissen gehabt. Dazu mussten wir uns in Gruppen aufteilen. Ich war in der Gruppe „Erstgeborene“. Es gab noch Zweitgeborene, Nesthäkchen, Einzelkind und Sandwichkind. Hinterher habe ich mich gefragt, wo sich Marlo und Mina einordnen würden. Sehen sie sich als meine Erst- und Zweitgeborenen oder als Moritz Dritt- und Viertgeborenen? Anouk, die sieben Jahre nach Josh geboren wurde, sieht sich als Erstgeborene. Finde ich alles sehr interessant.

Eine Frau aus der Gruppe Einzelkind hat ebenfalls eine sehr interessante Erkenntnis mit uns geteilt. Sie selbst erwartet im Moment ihr drittes Kind und hat öfter mal Mitleid mit ihrem Erstgeborenen, wenn der Sachen, Zeit oder irgendwas sonst teilen muss. Ich hab immer das Gefühl, aufm Spielplatz oder mit Anouk und Lila, dass das einfach so ist. Klar muss Marlo nicht immer alles teilen, manche Sachen gehören ihm, das wird auch mit Mina so bleiben, aber vieles muss er teilen oder er wird dazu angehalten, es zu teilen und da empfinde ich auch kein Mitleid. Dafür bekommt er ja auch was. Geschwister sind in meiner Welt etwas so elementares. Die bereiten dich wirklich darauf vor, dass die Welt dort draußen hart ist J. Das man sich durchsetzen muss, das teilen auch schön sein kann. Das Alleine-sein Entspannend ist oder eben stinkend langweilig. Man lernt, dass Interessen und Ansichten total unterschiedlich sein können, auch wenn man im gleichen Elternhaus aufwächst. Man lernt mit Geschwistern einfach generell sehr viel über sich selbst und die Menschen. Je nach Geschlecht kann man auch alles über Männer und Frauen lernen, von Kindesbeinen an. Es prägt einen auf jeden Fall fürs Leben.

Zum Schluss hat uns die Hebamme dieses Buch vorgelesen: „Ich lieb‘ dich für immer“ von Robert Munsch. Damit hat sie eigentlich alle Frauen im Raum zu Tränen gerührt. Ich habs sofort mehrmals bestellt zum verschenken und muss immer noch weinen, wenn ich es lese. Marlo vorlesen geht noch nicht, der denkt ja, ich spinne. Mit wenigen Worten wird so treffend die Mutter-Kind-Beziehung beschrieben. Ganz wunderbar!!

Politik

Die Menschen wollen nichts mehr teilen. Die deutschen Obdachlosen wollen, dass die ausländischen Obdachlosen sich hinter ihnen anstellen müssen. Europa wählt durchgängig große Mehrheiten im rechten Segment, weil sie nichts mehr abgeben wollen und sich Stabilität fürs eigene Land wünschen. In Italien ist jeder dritte Jugendliche arbeitslos. England hat sich schon lange für den Brexit entschieden.

 

So sieht es aus in Europa.

 

Und um uns herum regieren dazu noch machtgierige Geisteskranke, die auf Profit aus sind, vom Klimawandel nichts wissen wollen und Aufstände niederschlagen, Verleugnen oder selbstgefällige Kriege führen. 

 

Dazu muss man nicht mehr sagen. Dazu kann ich nichts erklären, erörtern oder eine Meinung äußern. Wenn ich daran denke und mir dieses Ausmaß bewusst mache kann ich nur unendlich traurig sein.

 

Und in diese Welt hinein gebäre ich nun mein zweites Kind.

 

Bin ich nicht auch irgendwie ein bisschen Geisteskrank?


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Kommentare: 2
  • #1

    Peter (Dienstag, 13 März 2018)

    Liebe Madeleine,
    Ich teile Deine Gedanken und Deine Besorgnis über den aktuellen Zustand der Welt. Aber umso wichtiger ist es, sich selbst handlungsfähig zu halten. In diesem Zusammenhang gibt es den Begriff der 'Psychohygiene', was soviel heißt, dass man nicht alles ungefiltert und in jeder Dosierung an sich herankommen lassen darf. Das gilt insbesondere für so einen Ausnahmezustand wie Schwangerschaft. Man mag belächeln, wenn werdenden Müttern geraten wird, in dieser besonderen Zeit so viele schöne Dinge wie möglich zu machen, also Musik zu hören, die Natur zu genießen usw. Aber für den Gemütszustand des Kindes (auch seinen späteren) ist es sicher viel bekömmlicher, wenn Eltern für diese Zeit ein paar Filter einschalten. Gönn Dir alles was schön ist und halte jetzt einfach ein paar Dinge draußen. Auch das ist politisches Denken und Handeln. In diesem Sinne: entspann Dich - so gut es eben gerade geht.

  • #2

    Kristin (Mittwoch, 14 März 2018 09:09)

    Hi Maddy,

    Wieder mal das Thema, dass man das Gefühl hat, als unweitsichtiger (dummer?) Mensch, hat man weniger Probleme...?! Aber Peter hat Recht, schone deinen Geist und so gut es geht deinen Körper vor der Geburt, jetzt kannst du das neue Leben eh nicht mehr ungeschehen machen und es einfach nur freudestrahlend willkommen heißen, und das ist vollkommen ok. Ihr werdet die kleine zu einem freundlichen Wesen erziehen und damit euren Beitrag leisten! Ich drück dich und die Kugel! Hast echt nochmal ordentlich zugelegt � ��Süß!!