Woche 41


Fakten und Weisheiten (auf die Mina nicht gehört hat)

  • Kinder kommen sehr oft bei Vollmond
  • Kinder kommen sehr oft bei Wetterumschwung
  • Kinder kommen sehr oft bei Gewitter
  • Kinder kommen sehr oft, wenn Mütter ihre bereits geborenen Kinder ins Bett gebracht haben
  • Eipollösung ist meist zwischen 12 und 24 Stunden sehr erfolgreich
  • Latenzwehen gehen meist nach max. 12 Stunden in Geburtswehen über
  • Brustwarzenstimulation hilft
  • Uterus-Öl-Massage hilft
  • Zimt-, Ingwer-, Kardamon-Gewürztees helfen
  • Sekt hilft
  • Die zweiten Kinder kommen meistens früher
  • Kinder merken, wenn die Mutter bereit ist
  • Mütter merken, wenn es soweit ist
  • Das Einzige was stimmt ist: Kinder machen, was sie wollen!


Das Baby

Das Baby ist immer noch in meinem Bauch. Es liegt seit 5 Wochen tief, sehr tief im Becken. Es verursacht dadurch dieselben Symptome wie Verstopfung. Hatte schon mal jemand 5 Wochen Verstopfung? Ich hab Hämorriden, kann mich im Bett nur noch unter Schmerzen von der einen Seite auf die andere drehen, weil meine Hüfte die Belastung langsam nicht mehr aushält, ich schaffe es nicht mehr weniger als 2 Kilometer mit langer Pause dazwischen zu gehen, ohne anschließend das Gefühl zu haben, zusammen zu brechen, ich bin dauernd müde und erschöpft, ich bin frustriert, weil mein Körper alle Zeichen einer kurz bevorstehenden Geburt aussendet, nur um dann wieder einen Rückzieher zu machen. Ich habe nun wirklich keine Lust mehr, schwanger zu sein, auch wenn ich mich mit dem Gedanken tröste, das mein Baby im Moment die wahrscheinlich allerbeste Zeit seines Lebens hat!

 

Heute (Donnerstag, 5.4.) bin ich in Woche 41+3. Wenn Mina bis Samstagmorgen mit ihrem sturen Widderschädel nicht von alleine schlüpft, muss ich den Rizinus-Cocktail nehmen, um im Geburtshaus zu gebären. Der Cocktail löst Darmkrämpfe aus, verursacht Übelkeit und Durchfall und löst dabei Wehen aus. Hat irgendjemand Lust mit Durchfall in einer Wanne zu sitzen und ein Kind aus sich raus zu pressen? Den Cocktail kann man im Abstand von mehreren Stunden 2mal nehmen. Wenn sie dann immer noch nicht kommt hat sie noch bis Dienstag, dann werde ich ans Krankenhaus überstellt, aus der Traum vom Geburtshaus, aus der Traum einer Wassergeburt, aus der Traum von den tollen Hebammen im Geburtshaus betreut zu werden. Ich muss dann an den Wehentropf. Hat sich schon mal jemand die Geschichten angehört, die Frauen erzählen, die an den Tropf mussten?

 

Ich brauche euch nicht zu erzählen, dass ich mir das alles ganz anders vorgestellt habe. Marlos Geburt hat mich vermutlich auch mit zu hohen Ansprüchen in die zweite Geburt gehen lassen. Vorteilhaft ist vermutlich auch, dass ich viel vergessen habe. Gestern beim Frauenarzt haben wir die erste massiverer Maßnahme ergriffen, nämlich eine Eipollösung  Dabei wird die Fruchtblase, bei gebärreifem Muttermund, vom Muttermund getrennt. Die sind eigentlich miteinander verklebt. Bei 50% aller Frauen funktioniert das innerhalb von 48 Stunden und sie bekommen Wehen und EIN KIND! Ich habe jetzt 24 Stunden hinter mir und weder Wehen, noch mein Baby bekommen. Montagnacht habe ich alle 20 Minuten leichte Wehen gehabt. Um 1 Uhr Nachts bin ich in die Badewanne geklettert, in die ich eigentlich nicht mehr reinpasse für den Badewannentest. Da prüft man ob die Wehen stärker oder schwächer werden. Es ist nichts passiert. Sie blieben gleich. Dann bin ich wieder ins Bett und morgens hatte ich dann den ganzen Tag über alle 10 Minuten Wehen. Immer noch leicht, immer noch kaum schmerzhaft. Aber der Bauch wurde steinhart, die Gebärmutter zog sich sehr schön zusammen. Ich hab dreimal an dem Tag mit den Hebammen aus dem Geburtshaus telefoniert, ich hab der Nachbarin Bescheid gesagt, falls wir sie Nachts hätten rufen müssen, um Marlo zu hüten, wir haben die Schwiegermutter ganz wuschig gemacht, falls es tagsüber losgegangen wäre, und wir Marlo zu ihr gebracht hätten. Und der Rest der Familie war ebenso entsprechend angespannt. Dann hab ich versucht viel zu schlafen, bin mittags mit Marlo raus in die Sonne bei 20°C, hab mich gefreut über den Frühling, alle Kinder waren draußen zum Spielen (außer Mina), hab mit den Nachbarn gequatscht, Kuchen gegessen, hab meinen Wehen nachgespürt, bin mit Marlo zum Spielplatz marschiert und hab mich dann bekochen lassen. Um acht Uhr abends hatte ich die Hoffnung schon wieder aufgegeben, weil ich zwar immer noch Wehen hatte, aber unverändert schwach. Da hat die Hebamme angerufen, die die Schicht übernahm und meinte, dass die meisten Frauen erst dann richtige Wehen bekommen, wenn sie ihre Kinder ins Bett gebracht haben. Da saß ich bereits mit Marlo im Bett und hab ihm seine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen. Danach habe ich noch ein bisschen ferngesehen und mich dann früh hingelegt. Morgens bin ich schwanger aufgewacht, ohne den leisesten Ansatz von Wehen.

Das Nervige ist, dass man ständig alles vorbereitet. Ich wasche Wäsche, putze die Küche, Moritz kauft Vorräte ein und macht HomeOffice. Und dann häuft sich die Dreckwäsche wieder, man isst die Vorräte auf und Moritz ist genauso fertig wie ich, weil er versucht mir zu helfen, Marlo zu bändigen, der gerade echt megatrotzig und motzig ist und nebenher zu arbeiten! Dreifachbelastung. Es sind ja leider Osterferien und Marlo nicht in der Tagesbetreuung. Auf der einen Seite schön, wegen den extra Marlo-Mama-Tagen, auf der anderen Seite schwierig, wegen den eben genannten Gründen. Ich weiß auch ehrlich nicht, was ich machen würde, könnte Moritz nicht von zuhause arbeiten. Oder ohne Anouk, die auch gerade da ist und total viel hilft im Haushalt und mit Marlo.

Das was mich noch nervt ist, dass ich gar nicht mehr das Gefühl habe, meinen Körper zu kennen und selbstbestimmt zu sein. Bei Marlo habe ich sofort Bescheid gewusst und hab ihn einfach bekommen und zwar genauso, wie ich mir das vorgestellt und gefühlt habe. Bei Mina fühle ich andauernd etwas anderes. Aber nie das, was es am Ende dann wirklich ist. Am Ende läuft es darauf hinaus, dass ich nicht früh genug merke, dass es wirklich losgeht und dann eine Hausgeburt habe. Dafür hat Mina aber ohnehin nur noch wenige Stunden Zeit. Danach rücken wir ihr kontrolliert und terminiert auf die Pelle. Irgendwie fühlt sich das aber falsch an. Eigentlich wünscht man sich, dass das Kind selber entscheiden kann, wann es kommt und es nicht zwingen muss. Kinder zu etwas zwingen macht generell keinen Spaß. Vielleicht gibt es einen Grund für sie, nicht raus zukommen. Vielleicht wartet sie auch bis zur letzten Sekunde und ich bekomme sie, so wie ich es mir Wünsche, in der Wanne mit meiner Lieblingshebamme. Vielleicht kennt Mina den perfekten Moment und ärgert sich über ihre Mutter, dass die so einen Stress macht. Und vielleicht ist sie dann da, total fit und reif und weiß genau Bescheid, wie alles geht, macht keine Stillprobleme, wie Marlo, guckt mich an und sagt „Ist doch alles gut, Mama, wir haben alles richtig gemacht!“. Mädchen sind einfach anders. Das hätte ich eigentlich wissen müssen.

 

Bei der Frauenärztin zum Ultraschall war ich gestern auch. Sie hat auch die Eipollösung vorgenommen. Die Sprechstundenhilfe hat ihr Gespräch mit einer anderen Patientin unterbrochen und „Oh Nein!“ gesagt, als sie mich rein kommen sehen hat. Die Ärztin meinte, sie wüsste gar nicht mehr, was sie noch sagen soll. Mein Körper ist so durch und durch Geburtsreif, dass sie nicht glauben konnte, mich nochmal zu sehen. Sie hat sich wieder total viel Zeit genommen für mich. Am liebsten würde ich alle Frauen dieser Welt zu ihr schicken. Die ist einfach toll! Wir haben uns das sture Mädchen angeschaut. Fruchtwasser ist weniger geworden, ist immer noch klar und ausreichend, also es geht schon voran, aber kommen tut sie halt trotzdem nicht. Wir haben überlegt, dass das vielleicht meine Bestimmung ist, weil ich angefangen habe, diesen Blog zu schreiben. Damit ich meine Erfahrung teilen kann. Sie selbst hatte auch eine erste spontane Geburt und dann eine zweite via Kaiserschnitt. Und ganz ehrlich, eine Frauenärztin zu haben, die beides kennt, ist doch was Wert, oder? Wie eine Zusatzausbildung, die einfach nicht jede hat. Könnte sie sich als Zertifikat an die Wand hängen. Und für euch wäre es doch auch interessant, zu wissen, wie sich das anfühlt mit dem Cocktail und was ich dabei für Erfahrungen mache. Ich rette damit zwar nicht die Welt, aber immerhin ist das ein Gedanke, der etwas Tröstendes und Verpflichtendes hat. Zum Abschluss nannte sie mich einen bissigen Terrier, weil ich mich so wenig beschwere und mich durchbeiße bis zum Schluss. Möglicherweise ist das der Fehler, vielleicht sollte ich mich mehr beschweren. Mit diesem Eintrag dürfte aber selbst dass nun erledigt sein. Jetzt reiß ich mich einfach wieder zusammen und nehme es wie es kommt. Eine frischgebackene Mutter hat mir nach meinem letzten Eintrag sehr liebe und aufmunternde Worte geschickt, die ich mir so noch nie selbst überlegt hatte. Das ist meine letzte Geburt (geplant) und ich soll versuchen, diese extra-Zeit sowohl mi Marlo draußen als mit Mina in mir drin genießen. So wird es nie wieder. Und da hat sie recht!

 

Ich werde jetzt meinen Mittagschlaf machen und versuchen mich zu entspannen und los zu lassen. Ich hab nun alles getan, was ich kann. Ganz sicher ist, dass ich nächste Woche ein Baby haben werde, egal welchen Weg sie am Ende nehmen wird, um das Licht der Welt zu erblicken. Und darauf freue ich mich, mehr als auf alles andere! Definitiv sicher ist damit auch, dass dies der vorerst letzte Beitrag sein wird. Beim nächsten erzähle ich euch dann, wie die Geburt war und die erste Zeit mit Mina und Co.

 

Genießt den Frühlingsanfang, eure Kinder, Schwangerschaft, die Familie, eure Freizeit und generell euer Leben!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0